Kunst am Bau

NOT WERK.
SCHNELLER RETTUNG FLÜGELSCHLAG

Horst Peter Meyer, 1996, Edelstahl.
Universitätsklinikum, Zentrum für ambulante Medizin, Carl-Zeiss-Platz 8, Jena. Foto: Doris Weilandt

Für die Außenfassade des neu erbauten Nothilfezentrums des Universitätsklinikums Jena schrieb das Staatsbauamt Thüringen einen künstlerischen Wettbewerb zur Fassadengestaltung aus, den Horst Peter Meyer gewann. Die Ausführung der zeichenhaften Engelsfigur übernahm Metallgestalter Klaus Fleischmann (Weimar). Im Sommer 1996 wurde das Edelstahlrelief installiert. Mit einer Ausstellung über Meyers kontinuierliche Arbeit am Engelsmotiv reagierte die Galerie der JENOPTIK AG innerhalb der Reihe »tangente« ein Jahr später auf das Kunstwerk. Zu diesem Anlass wurde die Komposition »Engelstöne. Fünf Stücke für Flöte allein« von Tilo Medek uraufgeführt. Der Komponist hat den Zyklus Meyer gewidmet. Das Kunstwerk befindet sich im Besitz der Friedrich-Schiller-Universität.

Weithin sichtbar ist das Zeichen der Engelsfigur, die sich in die Luft erhebt, um Menschenleben zu retten. Die Flügel sind weit aufgespannt. Erhaben und leicht schwebt der Bote als Hoffnungsträger an der Schwelle zwischen Leben und Tod. Die aus zwei Reliefs bestehende Komposition ist für die gesamte Fassadenfläche bestimmt, die sich je nach Tages- und Jahreszeit durch Schattenprojektionen verändert. Auch auf die umgebende sachliche Architektur nimmt die in ein Relief übersetzte Zeichnung Bezug. Das emblematische Sinnbild öffnet den gesamten Platz und seine Umgebung für humanitäre Gedanken und Harmonie.

Der Eingangsbereich entspricht nicht mehr dem der Konzeption zugrundeliegenden Zustand der Fassade. Er wurde gestalterisch und farblich verändert.

Doris Weilandt

Schwimmer

Künstler: Karl-Heinz Appelt, Sandstein, 1983/1995, 2012 Restaurierung.
Vor dem Sporthallenkomplex, Karl-Marx-Allee, Jena-Lobeda. Foto: Doris Weilandt

Die Plastik »Schwimmer« zeigt ein nacktes Paar – sie frontal zum Betrachter stehend, er den Körper nach rechts Richtung Schwimmhalle eingedreht und über die Schulter blickend. Den Unterkörper der weiblichen Figur bedeckt ein Badetuch, das über ihren Arm gelegt ist. Die Gesichter sind klar, entschieden und typisiert. Die eng beieinander Stehenden (2,20 Meter hoch) bilden eine dynamische Einheit aus einer Fülle von schwellenden Formen, die nach unten immer plastischer hervortreten und zu einer üppigen Körperlandschaft verschmelzen. Licht und Schatten spielen auf der Oberfläche. Im oberen Teil der Gruppe sind die beiden Figuren deutlich voneinander unterschieden. Die Lebendigkeit wird durch die Drehung des männlichen Oberkörpers und die muskulöse Ausbildung der Schulter noch gesteigert. Die «Schwimmer» wirken als Paar von archaischer Kraft. In Wechselwirkung mit der Umgebung, mit der strengen Fassade des Sporthallenkomplexes, geht die Figurengruppe eine spannungsvolle Verbindung ein. Die Körperlandschaft ist das natürliche Pendant zur Architektur.

Doris Weilandt

Sibylle | Schrödingers Katze

Sibylle Schrödingerstraße Jena
Anne-Katrin Altwein, 2007, Bronze, Schrödingerstraße 59 , 07745 Jena. Foto: Doris Weilandt

Die Brunnenplastik »Sibylle« ist das Ergebnis eines künstlerischen Wettbewerbes, den die Künstlerin 2005 gewonnen hat.
Sibylle ist in der griechischen Mythologie eine Seherin, die die Zukunft, zumeist unheilvolle Ereignisse, voraussagt. Ihre Orakel wurden in rätselhafter Sprache von unbekannten Autoren niedergeschrieben und für religiöse oder weltanschauliche Zwecke verwendet.

Auf dem Stadtplatz am oberen Ende der »Wasserachse«, der von einer Schule und einer Kindertagesstätte eingegrenzt wird, befindet sich ein flaches Wasserbecken aus grauem Beton. Darin liegt eine Sibylle, die ihren Oberkörper sehr gerade nach oben hält. Sie stützt sich auf die Ellenbogen, der linke Unterarm ist in lockerer Pose über den rechten gelegt. Die Füße vollziehen die Bewegung in umgekehrter Richtung. Die zeichenhafte weibliche Figur hat den Kopf zur Seite gedreht. »Sibylle«, die Prophetin, hat sich abgewendet, ihr Blick geht nach innen. Gelassen thront sie über der Szenerie am oberen Ende der »Wasserachse«. Die Künstlerin Anne-Kathrin Altwein nimmt mit einer Katze, die sie vor das Becken gesetzt hat, Bezug auf den realen Ort, die Schrödingerstraße. Nach dem Namensgeber, dem Physiker Erwin Schrödinger, wird ein Gedankenexperiment, bei dem eine Katze gleichzeitig lebendig und tot sein kann, als »Schrödingers Katze« bezeichnet. Das kleine Tier sitzt zusammengekauert vor einem Loch und beobachtet genau, wie in regelmäßigen Abständen ein Wasserstrahl nach der »Sibylle« spritzt. Wissenschaftliches Experiment und Orakel stehen sich gegenüber, die neue Zeit und uralte Mythen.

Doris Weilandt